注、表題がどうしてもüが表記できず、あえて誤記になっています。
誤り:Gluck, zerlegt in Atome
正 :Glück, zerlegt in Atome
世界が日本をどう見ているかの視点も大事です。
以下は、小児科系MLで話題になっている原発事故関連の南ドイツ新聞記事です。
大学時代に第二外国語で、よく履修されるのがドイツ語です。
自分も第二外国語で、ドイツ語とフランス語を履修したのですが、なかなか追いついていけません。
そんな中、ドイツ通の先生が意訳してくださっていたので、記事と合わせてご紹介させていただきます。
*****まず、意訳******
以下、「原子(力)の中で崩壊していく幸せ(=Glück)」の内容紹介です。
日本で一番小さい県である人口80万の福井には原子炉が15基あり、福島が東
の核の銀座と呼ばれているのに対し、西の核の銀座とよばれている。こ んなに
商業用原子炉があるのに福井で使われる電気は、そこで作られる電気の1%以下
である。福島の事件のあと半年で、「東京」は、そこに更に原子 炉の建設を考
えている。これに対し、多少の反対はあるが、政府と原子力関係機関は金とソフ
トな圧力でそれを抑えようとしている。
福井にjは高速増殖炉、もんじゅがあるが、その管理に年間1億8000万ユー
ロかかること。もんじゅは、2010年5月から8月まで稼動したが、 故障で
運転を中止している。1981年には16トンの放射性の廃液が海に流されたこ
とがあった。しかし、これらは秘密にされていて公表されなかっ た。
敦賀の原子力発電所の事故では200人が危険な現場に入り、4人が死亡、7人
が負傷した。
このような事故があるにもかかわらず、地元では目だった原子力反対運動は起
こっていない。これは県への多額の助成金とアクアトームのような文化事 業へ
の助成があるからではないかと記事には書かれている。これらのために1710
億ユーロが動いている。
日本政府(東京)は、福井県知事に、新幹線を福井に通すことで、もんじゅ再開
の許可を得ようとしている全人口の1%以下の貧しい福井県に、多額の 金を注
ぎ込むことで15基の原子炉を彼らの家の玄関の前に作ることに成功している。
新潟県は、7基の原子炉と引き換えに新幹線と高速道路の乗り入 れを手にした。
関西電力(Kepco)は、こういう問題を山の裏(日本海側)に原子力発電所を設
置するということで隠し通そうとしている。このため送電のために は、多額の
費用がかかるが、そんなに原子力発電所が、安全というなら、何故、関西電力は
太平洋側や大阪府の県境に原子力発電所を作らないのだろう か?
1968年以来、原子力発電所建設に同意しない小浜市は、このような札束攻勢
に抵抗した稀有な例である。ナカジマ テツエンという、1200年の 歴史を
誇るミョウツ寺の住職が、この反対運動の先頭に立っている。とはいえ大井の発
電所が湾の入口にあるので、ここで何か事件があれば小浜の人た ちは非難しな
ければならない。ちなみに、彼こそが「核の銀座」という概念を作った人であ
る。また、このような状況を彼は「金のファシズム」と、呼 んでいる
しかし、ナカジマは、福島の事件以降、人々の態度は微妙に変ったと言ってい
る。これまでの札束を貰っても、あがないきれない危険と恐怖に人々は気 がつ
いたようだ。
****以上*****
*****南ドイツ新聞(2011/09/18)*****
http://www.sueddeutsche.de/politik/praefektur-fukui-in-japan-glueck-zerlegt-in-atome-1.1145364
Präfektur Fukui in Japan
Glück, zerlegt in Atome
18.09.2011, 15:14 2011-09-18 15:14:54
Von Christoph Neidhart, Tokio
In der kleinen Präfektur Fukui stehen bereits 15 Atommeiler - ein halbes Jahr nach Fukushima plant Tokio dort weitere Anlagen. Die Bedenken der wenigen Kritiker neutralisieren Regierung und Atomkonzerne mit Geld und sanfter Repression.
Yuka und Kaho gehen in die fünfte Klasse. Die Mädchen spielen in der Eingangshalle des "Aquatom", ein Propaganda-Palast der japanischen Atomindustrie im Hafenstädtchen Tsuruga in der Präfektur Fukui. "Aber nicht jeden Tag", sagt Kaho. "In den Sommerferien schon", korrigiert Yuka. Die Atomlobby nennt das Aquatom "Wissenschaftsmuseum". Denn die Betreiber wollten der Jugend von Tsuruga das Vertrauen in ihre Meiler schon früh einflößen. Im Eingang des Aquatoms hängt zum Beispiel eine Satelliten-Aufnahme der Tsuruga-Halbinsel. Yuka und Kaho drücken Knöpfchen, Lichter leuchten auf - jedes steht für ein Atomkraftwerk.
In 20 Kilometer Entfernung stehen dort drei Atomkraftwerke, die kommerziellen Tsuruga und Mihama sowie der schnelle Brüter Monju. In allen drei AKWs kam es schon zu schweren Unfällen. Etwa 50 Kilometer weiter westlich stehen in Oi und Takahama noch zwei Kraftwerke.
Fukui, mit nur 800.000 Einwohnern eine der kleinsten Präfekturen Japans, zählt 15 kommerzielle Reaktoren. Die Region verbraucht weniger als ein Prozent des Stroms, den sie produziert. Und weiterer Ausbau ist geplant. Die Präfektur wird deshalb das "nukleare Ginza" genannt - nach der noblen Einkaufsmeile in Tokio. Neuerdings auch das "westliche nukleare Ginza", denn Fukushima ist das "östliche nukleare Ginza". "Fuku" bedeutet in beiden Namen "Glück". Fukushima ist die Insel der Glücks, Fukui die Quelle des Glücks.
Man hat die Ausstellung geringfügig verändert
Im Aquatom ist von der Atom-Propaganda allerdings nicht mehr viel zu sehen. An einer Wand erklären verblasste Bilder die Relativitätstheorie. Die Räume dahinter sind geschlossen. Der Hauswart kann nicht sagen warum, die Dame an der Information meint, man habe die Ausstellung "geringfügig" verändert, die Leute haben sie "missverstehen" können.
Die zehnjährigen Schülerinnen Yuko und Kaho sind gesprächiger. Am Modell eines AKWs habe man auf Knöpfe drücken und sehen können, wie Strom entsteht, sagt Kaho. Wie denn? "Aus Uran." Warum ist das Modell nicht mehr da? "Wegen des Atomunfalls", antwortet Yuka. Sind Atomkraftwerke denn gefährlich? "In Tsuruga nicht, Monju ist ja abgeschaltet."
Monju ist ein Forschungsreaktor für die Bruttechnologie: Dieser Reaktortyp soll Strom produzieren und das Brennmaterial dazu selbst erzeugen. Die Regierung preist diese Technik seit einem halben Jahrhundert als Energie der Zukunft. Ursprünglich wollte sie ab 1970 schnelle Brüter kommerziell nutzen. Jetzt spricht man vom Jahre 2050.
Aber die Atomlobby glaubt anscheinend selber nicht mehr daran. Der Unterhalt von Monju kostet jährlich etwa 180 Millionen Euro. Der Reaktor lief zuletzt von Mai bis August 2010, dann musste er wegen einer Panne gestoppt werden. Zuvor war er nach einem schweren Unfall 15 Jahre abgeschaltet. Beide Fälle wurden von den Betreibern anfänglich vertuscht. Zu den schwersten Unfällen der konventionellen Meiler auf der Tsuruga-Halbinsel gehört ein Leck von Reaktor I, der inzwischen 41 Jahre alt ist. 1981 liefen 16 Tonnen radioaktives Wasser ins Meer. Die Protokolle wurden gefälscht; die Kontaminierung wurde erst 40 Tage später bekannt.
Am 2. Mai dieses Jahres musste Reaktor II heruntergefahren werden, weil sein Kühlwasser radioaktiv war. Bei den Unfällen im AKW Tsuruga sind bereits mehr als 200 Personen unzulässigen Strahlendosen ausgesetzt worden. Im Nachbar-AKW Mihama tötete heißer Wasserdampf aus einem geborstenen Rohr vier Arbeiter, sieben wurden verletzt. Dazu stehe Mihama auf einer Erdbeben-Bruchlinie, wie der bekannte Seismologe Katsuhiko Ishibashi warnt.
Trotz der vielen Unfälle wurde in Fukui bisher nie Kritik an der Kernenergie laut. Die Lokalzeitung weiß auch warum: Die effektivste Methode, die Zustimmung der Bevölkerung zu gewinnen, sei die großzügige Bezuschussung lokaler Gemeinde-Budgets für Straßen und Kulturzentren, schrieb sie vor einigen Jahren. Das Aquatom ist ein solches "Geschenk", ein Museum ein weiteres. 1,7 Milliarden Euro hätten der Staat und die Atomwirtschaft zusätzlich zu den Steuern der Betreiberfirmen bisher jährlich an die Standortregionen überwiesen, wissen die "Bürger für Nuklearinformation", eine Sozialinitiative. Dem Gouverneur von Fukui versuchte Tokio die Zustimmung zum Wiederanfahren von Monju mit der Anbindung seiner Präfektur ans Shinkansen-Netz abzukaufen. Die Überzeugungsarbeit mit Yen-Milliarden war im armen Fukui so erfolgreich, dass weniger als ein Prozent der Japaner nun 15 Reaktoren vor ihren Haustüren stehen haben.
Fukui hat sich billig verkauft. Niigata, eine andere Präfektur an der See von Japan, erhielt für "nur" sieben Reaktoren schon 1980 den Shinkansen- und Autobahn-Anschluss. Die 15 Reaktoren von Fukui versorgen den Großraum Osaka auf der Pazifikseite Japans, also auf der anderen Seite der Insel, als habe Kepco, der Stromversorger von Osaka, die AKWs hinter den Bergen versteckt. Der Transport von Elektrizität ist teuer. Wenn die Atomkraft so sicher sei, fragen die Kritiker, warum baut Kepco ihre Meiler dann nicht an der Stadtgrenze von Osaka?
Fährt man von Tsuruga durch die schroffe Idylle hinter der Küste nach Westen, so kommt man, bevor man die Halbinseln Oshimahanto und Kazeshima mit den Kernkraftwerken Oi und Takahama erreicht, ins Hafenstädtchen Obama. Der Name bedeutet kleiner Strand, er ist hier nichts besonderes. Dennoch ist Obama in Fukui eine große Ausnahme. Als einziges Städtchen hat es sich seit 1968 immer wieder gegen den Bau eines Kernkraftwerks gewehrt.
Ein Priester gegen die Atomkraft
Der Kopf hinter diesem Widerstand ist Tetsuen Nakajima, der Priester des 1200 Jahre alten Myotsu-Tempels im Wald hinter dem Städtchen. Es sei "fast ein Wunder", dass die Leute von Obama sich nicht kaufen ließen, sagt er. Andrerseits ist Obama zwar AKW-frei, aber das Kraftwerk Oi steht am Eingang der Bucht. Käme es dort zu einem Unfall, müsste Obama evakuiert werden. Nakajima hat den Begriff des "nuklearen Ginza" geprägt. Er warnte stets vor einem Unfall. "Heute Fukushima, morgen Wakasa", sagt er. Vor Jahren gründete er eine Gewerkschaft für AKW-Arbeiter und rang den Betreibern das Versprechen ab, die Strahlendosis ihrer Tagelöhner künftig nicht mehr zu fälschen. Fast neun von zehn Arbeitern in Japans Atomkraftwerken sind Zeitarbeiter. Aber die Gewerkschafter wurden schikaniert, die Polizei besuchte sie abends zu Hause - bloß zur Einschüchterung, ohne sie eines Vergehens zu beschuldigen.
Mit Geld und solch "sanfter" Repression hat Japan die Kritik an der Atomwirtschaft stets unterdrückt. Nakajima nennt das "Geld-Faschismus". Zu ihm selbst seien sie nie gekommen, sagt er im Empfangsraum seines Tempels. Vielleicht hätten sie doch Respekt vor einem Geistlichen. Aber er konnte seine AKW-Kritik nie in einer Zeitung publizieren. Erst seit Fukushima hätten einige Blätter seine Beiträge abgedruckt.
Nakajima bezweifelt, dass sich die Haltung der Menschen in Fukui geändert habe. "Angst hatten sie immer", sagt er. "Aber der finanzielle Nutzen war so groß, dass sie rational zu sein versuchten und ihre Angst unterdrückten. Seit Fukushima erlauben sie sich diese Angst eher."
誤り:Gluck, zerlegt in Atome
正 :Glück, zerlegt in Atome
世界が日本をどう見ているかの視点も大事です。
以下は、小児科系MLで話題になっている原発事故関連の南ドイツ新聞記事です。
大学時代に第二外国語で、よく履修されるのがドイツ語です。
自分も第二外国語で、ドイツ語とフランス語を履修したのですが、なかなか追いついていけません。
そんな中、ドイツ通の先生が意訳してくださっていたので、記事と合わせてご紹介させていただきます。
*****まず、意訳******
以下、「原子(力)の中で崩壊していく幸せ(=Glück)」の内容紹介です。
日本で一番小さい県である人口80万の福井には原子炉が15基あり、福島が東
の核の銀座と呼ばれているのに対し、西の核の銀座とよばれている。こ んなに
商業用原子炉があるのに福井で使われる電気は、そこで作られる電気の1%以下
である。福島の事件のあと半年で、「東京」は、そこに更に原子 炉の建設を考
えている。これに対し、多少の反対はあるが、政府と原子力関係機関は金とソフ
トな圧力でそれを抑えようとしている。
福井にjは高速増殖炉、もんじゅがあるが、その管理に年間1億8000万ユー
ロかかること。もんじゅは、2010年5月から8月まで稼動したが、 故障で
運転を中止している。1981年には16トンの放射性の廃液が海に流されたこ
とがあった。しかし、これらは秘密にされていて公表されなかっ た。
敦賀の原子力発電所の事故では200人が危険な現場に入り、4人が死亡、7人
が負傷した。
このような事故があるにもかかわらず、地元では目だった原子力反対運動は起
こっていない。これは県への多額の助成金とアクアトームのような文化事 業へ
の助成があるからではないかと記事には書かれている。これらのために1710
億ユーロが動いている。
日本政府(東京)は、福井県知事に、新幹線を福井に通すことで、もんじゅ再開
の許可を得ようとしている全人口の1%以下の貧しい福井県に、多額の 金を注
ぎ込むことで15基の原子炉を彼らの家の玄関の前に作ることに成功している。
新潟県は、7基の原子炉と引き換えに新幹線と高速道路の乗り入 れを手にした。
関西電力(Kepco)は、こういう問題を山の裏(日本海側)に原子力発電所を設
置するということで隠し通そうとしている。このため送電のために は、多額の
費用がかかるが、そんなに原子力発電所が、安全というなら、何故、関西電力は
太平洋側や大阪府の県境に原子力発電所を作らないのだろう か?
1968年以来、原子力発電所建設に同意しない小浜市は、このような札束攻勢
に抵抗した稀有な例である。ナカジマ テツエンという、1200年の 歴史を
誇るミョウツ寺の住職が、この反対運動の先頭に立っている。とはいえ大井の発
電所が湾の入口にあるので、ここで何か事件があれば小浜の人た ちは非難しな
ければならない。ちなみに、彼こそが「核の銀座」という概念を作った人であ
る。また、このような状況を彼は「金のファシズム」と、呼 んでいる
しかし、ナカジマは、福島の事件以降、人々の態度は微妙に変ったと言ってい
る。これまでの札束を貰っても、あがないきれない危険と恐怖に人々は気 がつ
いたようだ。
****以上*****
*****南ドイツ新聞(2011/09/18)*****
http://www.sueddeutsche.de/politik/praefektur-fukui-in-japan-glueck-zerlegt-in-atome-1.1145364
Präfektur Fukui in Japan
Glück, zerlegt in Atome
18.09.2011, 15:14 2011-09-18 15:14:54
Von Christoph Neidhart, Tokio
In der kleinen Präfektur Fukui stehen bereits 15 Atommeiler - ein halbes Jahr nach Fukushima plant Tokio dort weitere Anlagen. Die Bedenken der wenigen Kritiker neutralisieren Regierung und Atomkonzerne mit Geld und sanfter Repression.
Yuka und Kaho gehen in die fünfte Klasse. Die Mädchen spielen in der Eingangshalle des "Aquatom", ein Propaganda-Palast der japanischen Atomindustrie im Hafenstädtchen Tsuruga in der Präfektur Fukui. "Aber nicht jeden Tag", sagt Kaho. "In den Sommerferien schon", korrigiert Yuka. Die Atomlobby nennt das Aquatom "Wissenschaftsmuseum". Denn die Betreiber wollten der Jugend von Tsuruga das Vertrauen in ihre Meiler schon früh einflößen. Im Eingang des Aquatoms hängt zum Beispiel eine Satelliten-Aufnahme der Tsuruga-Halbinsel. Yuka und Kaho drücken Knöpfchen, Lichter leuchten auf - jedes steht für ein Atomkraftwerk.
In 20 Kilometer Entfernung stehen dort drei Atomkraftwerke, die kommerziellen Tsuruga und Mihama sowie der schnelle Brüter Monju. In allen drei AKWs kam es schon zu schweren Unfällen. Etwa 50 Kilometer weiter westlich stehen in Oi und Takahama noch zwei Kraftwerke.
Fukui, mit nur 800.000 Einwohnern eine der kleinsten Präfekturen Japans, zählt 15 kommerzielle Reaktoren. Die Region verbraucht weniger als ein Prozent des Stroms, den sie produziert. Und weiterer Ausbau ist geplant. Die Präfektur wird deshalb das "nukleare Ginza" genannt - nach der noblen Einkaufsmeile in Tokio. Neuerdings auch das "westliche nukleare Ginza", denn Fukushima ist das "östliche nukleare Ginza". "Fuku" bedeutet in beiden Namen "Glück". Fukushima ist die Insel der Glücks, Fukui die Quelle des Glücks.
Man hat die Ausstellung geringfügig verändert
Im Aquatom ist von der Atom-Propaganda allerdings nicht mehr viel zu sehen. An einer Wand erklären verblasste Bilder die Relativitätstheorie. Die Räume dahinter sind geschlossen. Der Hauswart kann nicht sagen warum, die Dame an der Information meint, man habe die Ausstellung "geringfügig" verändert, die Leute haben sie "missverstehen" können.
Die zehnjährigen Schülerinnen Yuko und Kaho sind gesprächiger. Am Modell eines AKWs habe man auf Knöpfe drücken und sehen können, wie Strom entsteht, sagt Kaho. Wie denn? "Aus Uran." Warum ist das Modell nicht mehr da? "Wegen des Atomunfalls", antwortet Yuka. Sind Atomkraftwerke denn gefährlich? "In Tsuruga nicht, Monju ist ja abgeschaltet."
Monju ist ein Forschungsreaktor für die Bruttechnologie: Dieser Reaktortyp soll Strom produzieren und das Brennmaterial dazu selbst erzeugen. Die Regierung preist diese Technik seit einem halben Jahrhundert als Energie der Zukunft. Ursprünglich wollte sie ab 1970 schnelle Brüter kommerziell nutzen. Jetzt spricht man vom Jahre 2050.
Aber die Atomlobby glaubt anscheinend selber nicht mehr daran. Der Unterhalt von Monju kostet jährlich etwa 180 Millionen Euro. Der Reaktor lief zuletzt von Mai bis August 2010, dann musste er wegen einer Panne gestoppt werden. Zuvor war er nach einem schweren Unfall 15 Jahre abgeschaltet. Beide Fälle wurden von den Betreibern anfänglich vertuscht. Zu den schwersten Unfällen der konventionellen Meiler auf der Tsuruga-Halbinsel gehört ein Leck von Reaktor I, der inzwischen 41 Jahre alt ist. 1981 liefen 16 Tonnen radioaktives Wasser ins Meer. Die Protokolle wurden gefälscht; die Kontaminierung wurde erst 40 Tage später bekannt.
Am 2. Mai dieses Jahres musste Reaktor II heruntergefahren werden, weil sein Kühlwasser radioaktiv war. Bei den Unfällen im AKW Tsuruga sind bereits mehr als 200 Personen unzulässigen Strahlendosen ausgesetzt worden. Im Nachbar-AKW Mihama tötete heißer Wasserdampf aus einem geborstenen Rohr vier Arbeiter, sieben wurden verletzt. Dazu stehe Mihama auf einer Erdbeben-Bruchlinie, wie der bekannte Seismologe Katsuhiko Ishibashi warnt.
Trotz der vielen Unfälle wurde in Fukui bisher nie Kritik an der Kernenergie laut. Die Lokalzeitung weiß auch warum: Die effektivste Methode, die Zustimmung der Bevölkerung zu gewinnen, sei die großzügige Bezuschussung lokaler Gemeinde-Budgets für Straßen und Kulturzentren, schrieb sie vor einigen Jahren. Das Aquatom ist ein solches "Geschenk", ein Museum ein weiteres. 1,7 Milliarden Euro hätten der Staat und die Atomwirtschaft zusätzlich zu den Steuern der Betreiberfirmen bisher jährlich an die Standortregionen überwiesen, wissen die "Bürger für Nuklearinformation", eine Sozialinitiative. Dem Gouverneur von Fukui versuchte Tokio die Zustimmung zum Wiederanfahren von Monju mit der Anbindung seiner Präfektur ans Shinkansen-Netz abzukaufen. Die Überzeugungsarbeit mit Yen-Milliarden war im armen Fukui so erfolgreich, dass weniger als ein Prozent der Japaner nun 15 Reaktoren vor ihren Haustüren stehen haben.
Fukui hat sich billig verkauft. Niigata, eine andere Präfektur an der See von Japan, erhielt für "nur" sieben Reaktoren schon 1980 den Shinkansen- und Autobahn-Anschluss. Die 15 Reaktoren von Fukui versorgen den Großraum Osaka auf der Pazifikseite Japans, also auf der anderen Seite der Insel, als habe Kepco, der Stromversorger von Osaka, die AKWs hinter den Bergen versteckt. Der Transport von Elektrizität ist teuer. Wenn die Atomkraft so sicher sei, fragen die Kritiker, warum baut Kepco ihre Meiler dann nicht an der Stadtgrenze von Osaka?
Fährt man von Tsuruga durch die schroffe Idylle hinter der Küste nach Westen, so kommt man, bevor man die Halbinseln Oshimahanto und Kazeshima mit den Kernkraftwerken Oi und Takahama erreicht, ins Hafenstädtchen Obama. Der Name bedeutet kleiner Strand, er ist hier nichts besonderes. Dennoch ist Obama in Fukui eine große Ausnahme. Als einziges Städtchen hat es sich seit 1968 immer wieder gegen den Bau eines Kernkraftwerks gewehrt.
Ein Priester gegen die Atomkraft
Der Kopf hinter diesem Widerstand ist Tetsuen Nakajima, der Priester des 1200 Jahre alten Myotsu-Tempels im Wald hinter dem Städtchen. Es sei "fast ein Wunder", dass die Leute von Obama sich nicht kaufen ließen, sagt er. Andrerseits ist Obama zwar AKW-frei, aber das Kraftwerk Oi steht am Eingang der Bucht. Käme es dort zu einem Unfall, müsste Obama evakuiert werden. Nakajima hat den Begriff des "nuklearen Ginza" geprägt. Er warnte stets vor einem Unfall. "Heute Fukushima, morgen Wakasa", sagt er. Vor Jahren gründete er eine Gewerkschaft für AKW-Arbeiter und rang den Betreibern das Versprechen ab, die Strahlendosis ihrer Tagelöhner künftig nicht mehr zu fälschen. Fast neun von zehn Arbeitern in Japans Atomkraftwerken sind Zeitarbeiter. Aber die Gewerkschafter wurden schikaniert, die Polizei besuchte sie abends zu Hause - bloß zur Einschüchterung, ohne sie eines Vergehens zu beschuldigen.
Mit Geld und solch "sanfter" Repression hat Japan die Kritik an der Atomwirtschaft stets unterdrückt. Nakajima nennt das "Geld-Faschismus". Zu ihm selbst seien sie nie gekommen, sagt er im Empfangsraum seines Tempels. Vielleicht hätten sie doch Respekt vor einem Geistlichen. Aber er konnte seine AKW-Kritik nie in einer Zeitung publizieren. Erst seit Fukushima hätten einige Blätter seine Beiträge abgedruckt.
Nakajima bezweifelt, dass sich die Haltung der Menschen in Fukui geändert habe. "Angst hatten sie immer", sagt er. "Aber der finanzielle Nutzen war so groß, dass sie rational zu sein versuchten und ihre Angst unterdrückten. Seit Fukushima erlauben sie sich diese Angst eher."